Friedhofsweg

Memento Mori

Immer wenn es dunkel wurde, sah man die flackernden Lichter hinter den Häusern auf der anderen Straßenseite. Manchmal ganz viele, manchmal nur vereinzelt. Wenn ich schon im Schlafanzug war, stellte ich mich oft ans Fenster, um für fünf Minuten in Richtung Friedhof zu schauen und bildete mir ein, dass dieses Flackern der vielen Grablichter eine Art Morsezeichen der Toten sei, um mit mir zu kommunizieren. Stets bemühte ich mich, diesen unheimlichen Code zu verstehen und stets bekam ich ein bisschen Angst, weil es mir nie gelang. Wie selbstverständlich ging ich davon aus, dass die Toten mir böse seien, weil ich ihre Botschaft einfach nicht verstand. Da half nur, schnell ins Bett zu krabbeln, die Decke bis unter das Kinn zu ziehen und dass meine Mutter, die Türe einen Spalt weit offenstehen ließ, damit ich mich wieder sicher fühlte.

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