Warum ist Stierkampf in Spanien bloß immer noch so populär?

Ich liebe Tiere. Alle Tiere. Ich will jede Katze streicheln, und selbst Stinkwanzen befördere ich per Glas und Bierdeckel nach draußen. Natürlich bin ich wegen meiner Tierliebe auch schon seit bald 30 Jahren Vegetarierin. Und ich freue mich sehr, dass immer mehr Menschen ihren Fleischkonsum reduzieren. Und auch Tierschutz steht öfter auf der öffentlichen Agenda als noch vor wenigen Jahre. Zumindest in meiner Bubble.

Anders sieht es aus, wenn ich mich außerhalb dieser Bubble bewege. Das habe ich festgestellt, als ich Anfang Oktober in Andalusien Urlaub gemacht habe. Zwei Tage Sevilla standen unter anderem auf dem Plan ­­– zufälligerweise fiel ein Tag auf den spanischen Nationalfeiertag. An diesem Tag strömten die Sevillaner:innen in die Stierkampfarena: aufgehübscht in sportivem Chic. Die Herren in Chinos, Poloshirt oder Hemd und Slippern, die Damen in High Heels und Röcken, die Haare perfekt onduliert. Auch Familien mit kleineren Kindern und Jugendgruppen waren dabei. Und wie bei einem Kinobesuch wurden für die Corrida Tüten mit Snacks und Getränken in die Arena getragen. Nicht zu vergessen die Sitzkissen, deren Stoff, einem Dresscode für Corrida-Kissen folgend, stets in den spanischen Nationalfarben rot und gelb gestreift und von einem ledernen Trageriemen gesäumt waren. Ein großes Event also.

Stierkampf als Event

Auf dem Weg zu den Ufern des Guadalquivir liefen wir an der Arena vorbei. Dann plötzlich ein großer Aufruhr auf der Straße an einem Nebeneingang der Arena: Drei Toreros auf dem Weg hinein, umringt von Fans, die sie berühren oder in ihrer Nähe stehen wollten, damit sie mit ihren Helden fotografiert werden. Ich habe mich neugierig zwischen die Fotograf:innen gequetscht und auch ein paar Fotos gemacht. Aber so richtig heldenhaft wirkten die Toreros auf mich nicht: Kleine Männer in engen Hosen, auch ein älterer Herr war dabei. Das traditionelle Kostüm war auch nicht gerade respekteinflößend. Mir blieb dieses spanische Kulturgut fremd, nicht nur wegen der Kostüme, sondern vor allem wegen der Begeisterung dafür, dabei sein zu können, wenn reihenweise Stiere im wahrsten Sinne des Wortes „abgestochen“ werden. Einfach so, zur Unterhaltung der anwesenden Zuschauer:innen.

Wir setzten unseren Weg fort, weil ich es nicht hätte ertragen können, Jubelschreie von der Menge zu hören, weil ein Stier getroffen wurde, oder gar die Schmerzensschreie der Tiere selbst.